Der Post-Pandemie-Vertrieb im B2B ist hybrid und flexibel

Tobias Müller

Tobias Müller

Die akute Krisengefahr durch Corona scheint vorerst gebannt. Aber in der Zeit nach der Pandemie zeigt sich, dass der Vertrieb im B2B sich deutlich und nachhaltig verändert hat. Unternehmen sind gut beraten, jetzt nicht wieder in alte Muster zu verfallen, sondern die Veränderung aktiv zu managen. Die neue Welt birgt viele Chancen.

Hybrider Vertrieb – was ist neu?

Viele Unternehmen verfügen über eine seit vielen Jahren eingespielte Vertriebsorganisation. Der Außendienst spielte vor der Pandemie dabei meist eine entscheidende Rolle. Durch Corona war es dem Außendienst aber praktisch von heute auf morgen nicht mehr möglich, Kunden in der gewohnten Form zu besuchen. Das hat zwar zu Krisenstimmung und Besorgnis geführt, aber in Summe sind die B2B-Vertriebsorganisationen recht gut durch diese Zeit gekommen. Neue Wege zum Kunden wurden geöffnet. Teams, Zoom und Co. wurden flächendeckend salonfähig. Und tatsächlich gelang es vielen Vertriebsorganisationen mit diesen neuen Tools erfolgreich zu arbeiten. Die Vertriebsziele wurden – gemessen an den eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten und den schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen – zu einem erstaunlich hohen Anteil erreicht.

Diese hybride Form des Vertriebs, also das Zusammenspiel von digitalen und analogen Kanälen wird bleiben. Wir alle haben ein anderes Verhalten kennengelernt und erkannt, dass diese Form der Zusammenarbeit an vielen Stellen deutlich produktiver ist, als der herkömmliche persönliche Kontakt. Der persönliche Kontakt zwischen Menschen wird im B2B auf absehbare Zeit nicht vollständig obsolet werden. Die Bedeutung eines Treffens wurde jedoch neu einsortiert. Ein persönliches Treffen ist seltener geworden und damit auch werthaltiger geworden.

Im modernen hybriden Vertrieb ist es wichtig, das Zusammenspiel der verschiedenen möglichen Kanäle zum Kunden zielführend zu orchestrieren. In der Customer Journey muss geklärt werden, wann welche Kontaktart angebracht ist und wie effiziente Vertriebsarbeit funktioniert. Durch eine optimierte Aufstellung sind im B2B Vertrieb jetzt signifikante Produktivitätssteigerungen möglich.

Datengetriebener Vertrieb

Die Post-Pandemie-Zeit zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass alte Gesetzmäßigkeiten auf den Weltmärkten nur noch bedingt gelten. Die Zeiten einer mehr oder weniger gleichmäßigen Marktentwicklung sind in vielen Branchen vorbei. Während in einigen Sektoren die Mangelwirtschaft vorherrscht, kann in anderen Bereichen die hohe Nachfrage nicht bedient werden. Die Auslöser sind vielfältig und stehen nicht alle in direktem Zusammenhang mit der Pandemie.

Wenn es unterm Strich richtig ist, dass die Welt mehr „VUKA“ geworden ist (also volatiler, unsicherer, komplexer und mehrdeutig), dann muss auch die Vertriebsorganisation darauf angepasst werden. Der Grundtenor der Veränderung heißt Flexibilisierung.

Die agilere Nutzung verschiedener Kanäle für den Kundenkontakt über hybriden Vertrieb ist eine wichtige Säule der neuen Vertriebswelt. Die zweite wichtige Säule ist der Einsatz von Daten und Informationen in der Vertriebsarbeit. In den meisten B2B-Vertriebsorganisationen fristet die Datenpflege in den verschiedenen Systemen ein stiefmütterliches Dasein. In der neuen Welt wird das frühzeitige Wissen über Marktinformationen entscheidend. Der Wind dreht sich schneller als früher von Offensive auf Defensive und umgekehrt. Es wird nötig sein, Frühindikatoren für Marktentwicklungen verfügbar und eine klare Analytik zu haben, die die Richtung der nächsten Wochen im Vertrieb vorgibt. Wer über die richtigen Informationen und analytische Ableitungen daraus verfügt, wird deutlich effizienter und effektiver am Markt agieren können. Das geht hin bis zur frühzeitigen Anpassung von Preisen an sich abzeichnende Marktentwicklung.

Datengetriebener Vertrieb bezieht sich auch auf die Ebene der einzelnen Kunden im B2B. Heute vertrauen die meisten Vertriebsorganisationen auf das Erfahrungswissen ihrer Mitarbeiter. Ich schlage vor, ergänzend eine klare Analytik der verfügbaren Daten zu haben. Menschen sind in ihrer Wahrnehmung subjektiv, das objektive Bild der Daten ergänzt diese Sicht. In den Systemen der Unternehmen liegen heute ungenutzte Datenschätze, wie Analysen des Kaufverhaltens, der Nutzung verschiedener Touchpoints oder auch der Vorlieben für bestimmte Portfolioteile. Die Schlussfolgerungen, die für eine datengetriebene Kundenbearbeitung daraus gezogen werden können, sind vielfältig.

Last not least lässt sich über moderne Marketing Automation-Lösungen, angedockt an die bestehenden Systeme, ein professionelles Sales Funnel-Management aufbauen, mit dem der Einsatz des Vertriebs deutlich zielgenauer und damit deutlich effizienter stattfinden kann.

Neues Rollenverständnis im Vertrieb gesucht

„Im Vertrieb wird das Geld verdient.“ Dieser Spruch war (ist) regelmäßig zu hören. Darin drückt sich vor allem das Selbstverständnis des Vertriebs, insbesondere des Außendienstes aus. Folgerichtig werden von Vertriebsseite häufig alle anderen Unternehmensfunktionen eher als Support des Außendienstes verstanden. Der Innendienst ist in dieser Wahrnehmung eher ein Sachbearbeiter und Abwickler der Erfolge, die der Außendienst an Land zieht. After Sales und Service sind dabei diejenigen, die durch ihre Prozesse häufig die Kundenbindung gefährden. Produktion und Logistik haben nie die richtigen Produkte oder Lösungen und sind eher Auftragsverhinderer. Und das Marketing ist bestenfalls die notwendige Kommunikationsabteilung.

In der neuen Welt wird der Außendienst von seinem hohen Ross absteigen müssen. Der Außendienst ist nur eine von vielen marktnahen Funktionen. Insbesondere dem Marketing und dem Innendienst wird eine deutlich höhere Bedeutung zukommen. Und man wird sich mit den neuen Möglichkeiten und Tools fragen, ob nicht vielmehr „das Marketing das Geld verdient“.

Das soll nun kein Abgesang auf den Außendienst sein, der Außendienst wird aber seine Rolle und seine Mehrwerte für das eigene Unternehmen und vor allem für die Kunden neu definieren müssen. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu unterschätzen, dass es sich dabei um einen Mindchange handelt, der vernünftig gemanagt werden muss. Neue Rollenprofile benötigen neue Mind-, Skill- und Toolsets.

Fazit

Die Vertriebsorganisationen im B2B müssen sich den Veränderungen stellen, die die deutlich volatilere Welt von morgen mit sich bringt. Es ist ein hohes Maß an Flexibilität nötig, ohne dabei den strategischen Kompass aus den Augen zu verlieren. Die Kanäle und Kontaktpunkte mit (potenziellen) Kunden werden vielfältiger und komplexer. Dafür werden die richtigen Systeme und Informationen benötigt, die mit einer ziel-führenden Analytik ausgewertet werden müssen.

Diese Form des flexiblen Agierens am Markt wird schnell als Risiko verstanden, da sich Vertriebsorganisationen aus der Komfortzone bewegen müssen. Aber Erfolg macht Spaß und in einem solchen dynamischen System liegen immense Chancen und Potenziale.

Der Post-Pandemie-Vertrieb im B2B ist hybrid und flexibel

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